Leserbrief an den SPIEGEL zum Ehegattensplitting

In der Titelgeschichte des SPIEGELs 03/2017 geht es um Familien und Finanzen. „Das Ehegattensplitting zementiert eine veraltete Rollenverteilung in den Familien“, so die Kernthese, der ich in einem Leserbrief widerspreche.  
Natürlich, das Ehegattensplitting ist wieder schuld. Mir konnte bloß noch niemand plausibel erklären, wie genau das Ehegattensplitting denn nun “eine kon­ser­va­ti­ve Auf­ga­ben­tei­lung zwi­schen Frau und Mann ze­men­tiert”. Denn es sorgt schlicht dafür, dass ein Ehepaar, bei dem beide je 2000 Euro verdienen, genau so viel Steuern zahlt wie ein Ehepaar, bei dem einer 3000 und einer 1000 Euro bekommt. Man nennt das auch Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und die ist bei beiden Paaren gleich. Wer das Ehegattensplitting abschaffen will, will Paare dazu erziehen, endlich eine “moderne” Rollenverteilung zu leben. Aber vielleicht treffen hier bei all den “verkrusteten Rollenbildern”, “Teilzeitfallen” und “gläsernen Decken”, die auch der SPIEGEL beschwört, einfach auch Menschen Entscheidungen darüber, was ihnen in ihrem Leben wichtig ist. Natürlich birgt es ein monetäres Risiko, sich stärker um Kinder als im Karriere zu kümmern. Der andere Weg aber auch: Am Ende des Lebens zu bereuen, zu wenig Zeit mit den Kindern verbracht zu haben. Was wiegt schwerer? Ein Staat, der versucht, das für seine Bürger zu entscheiden, handelt anmaßend.
 
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